

„Das Land ruiniert die hessischen Kommunen.“
Norbert Schmitt, der finanzpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, verdeutlichte vor mehr als 20 Zuhörern im Dorfgemeinschaftshaus in Kressenbach die schwierige finanzielle Situation der hessischen Kommunen und machte dafür die schwarz-grüne Landesregierung in Wiesbaden verantwortlich. In der Diskussion mit Bürgermeister Falko Fritzsch und mit SPD-Lokalpolitikern wurde herausgestellt, dass die Stadt Schlüchtern zwar von dem Kommunalen Investitionsprogramm des Landes für 2016 kurzfristig profitiert, aber keinen Grund zum Übermut hat.
Schmitt, der von 2003 bis 2009 Generalsekretär der SPD Hessen war, kennt sich nicht nur in der Landespolitik, sondern auch in der Kommunalpolitik aus. Der Jurist, der Gemeindevertreter in Lautertal und Stadtverordneter in Heppenheim war, sitzt seit 1995 im Hessischen Landtag und ist seitdem auch wieder Kreistagsabgeordneter im Kreis Bergstraße.
Schmitt, den die SPD Schlüchtern zum Auftakt ihrer Informationsveranstaltungen über die Bürgermeister- und Kommunalwahl 2016 als Referenten eingeladen hatte, führte unter dem Titel „Das Land ruiniert die hessischen Kommunen“ aus, dass die Finanzlage der Kommunen in Hessen seit Jahren desolat ist. Hessen ist das Land mit den höchsten Defiziten. Die Kommunen haben bundesweit mit rund 3000 Euro die dritthöchste Pro-Kopf-Verschuldung und das zweithöchste jahresbezogene Finanzierungsdefizit mit rund 400 Millionen Euro. 74 Prozent der Kommunen mit mehr als 20 000 Einwohnern haben 2014 mit einem Haushaltsdefizit abgeschlossen. Sie sind gezwungen, die Steuern und Gebühren zu erhöhen. Trotzdem sind sie zumeist nicht mehr in der Lage, Investitionen zu tätigen, auch wenn sie notwendig sind. Die Kommunen können ihre Aufgaben finanziell nicht mehr bewältigen.
Heftig kritisierte Schmitt, dass das von der schwarz-grünen Landesregierung auf den Weg gebrachte Kommunale Investitionsprogramm kein Ersatz für eine solide und angemessene, bedarfsorientierte Finanzierung der Kommunen sei. Der Investitionsbedarf der Kommunen betrage rund acht bis zehn Milliarden Euro. Das Landesprogramm biete zudem Darlehnsmittel, die auf 30 Jahre angelegt sind. Das Bundesprogramm ist im Gegensatz dazu immerhin ein Zuschussprogramm. Schmitt forderte zum Schluss seiner Ausführungen einen fairen Ausgleich zwischen Land und Kommunen und hob hervor, dass die Politik davon leider meilenweit entfernt sei. Politik der Sozialdemokraten sei es, Politik für die Menschen zu machen. Berechtigt sei die Frage der Bürger am jeweiligen Wohnort: „Fühl ich mich hier wohl?“ Dies hänge von vielen Faktoren ab, nicht zuletzt von der Finanzkraft der Kommune.
Bürgermeister Falko Fritzsch und Fraktionsvorsitzender Helmut Meister, der auch Vorsitzender des Haupt- und Finanzausschusses ist, ergänzten die Ausführungen und beschrieben die aktuelle Finanzsituation der Stadt Schlüchtern, die vor allem der guten Wirtschaftslage vor Ort zu verdanken sei. Es gebe beim Kommunalen Finanzausgleich Gewinner- und Verlierer-Kommunen, Schlüchtern gehöre 2016 zu den Gewinnern, weil es zusätzliche Mittel an Schlüsselzuweisungen erhalte. Aber es gebe keine Zukunftsgarantie dafür. Fritzsch und Meister machten aber auch darauf aufmerksam, was den Kommunen finanziell alles fortgenommen wurde und welche Aufgaben ihnen zusätzlich aufgelastet wurden. Auch wenn die Stadt Schlüchtern nicht unter dem Schutzschirm des Landes Hessen stehe, müsse sie finanzpolitisch doch so handeln, als ob sie darunter stehe. Auch die Stadt Schlüchtern sei gezwungen, Einsparungen im Haushalt vorzunehmen und die Grund- und Gewerbesteuer zu erhöhen, um die Haushaltsgenehmigung zu erhalten. Auch wenn ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt werden könne, sei damit noch nicht ein einziger Cent des aufgehäuften Schuldenbergs getilgt. Nur zu verständlich sei es deshalb, wie schwierig Kommunalpolitik geworden sei. Trotzdem sei es unerlässlich, die Menschen für die Kommunalpolitik zu interessieren und sie dazu zu motivieren, am 6. März 2016 zur Bürgermeister- und Kommunalwahl zu gehen. Denn Kommunalpolitik gehe alle an.