Nun schlagen in meiner Brust zwei Herzen: Auf der einen Seite stehe ich hinter den Fridays-for-future-Protesten. Auf der anderen Seite bin ich als Politikerin direkte Adressatin für die Forderungen. Nicht zuletzt deshalb bin ich der Meinung, dass mit dem Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung zwar viel erreicht wurde, aber eben noch nicht genug.
Das möchte ich mit einer konkreten These erläutern: Klimaschutz auf dem Land ist nicht mit dem Klimaschutz in den Städten vergleichbar. Auch wenn der Grünen-Chef Robert Habeck das vielleicht anders gemeint haben will, ist sein Zitat über die Erhöhung des Benzinpreises und der Pendlerpauschale bezeichnend für das Dilemma des Klimaschutzes auf dem Land. Würden wir nur den Benzinpreis erhöhen, dann würden vor allem Menschen vom Land mit geringem Einkommen die Zeche zahlen. Das hat mit Lebensrealitäten zu tun: Denn mit sinkenden Einwohnerzahlen müssen wir immer weitere Strecken zurücklegen. Selbst wenn wir aufs Auto verzichten wollten, fährt noch lange kein Bus. Ausgebaute Fahrradwege oder das viel gelobte 365-Euro-Jahresticket sind zwar wichtig, aber für die auf dem Land lebendend Menschen meisten sinnlos. Deshalb haben wir in Berlin beschlossen, die Pendlerpauschale zu erhöhen und den ÖPNV in den kommenden Jahren vor allem auf dem Land auszubauen. Weitere Arbeitswege mit dem Nahverkehr oder dem PKW sollen somit mit Pendlerpauschale kompensiert werden. Einzige Haken: Der ÖPNV-Ausbau klappt unmöglich sofort und wer wegen eines niedrigen Einkommens keine Steuererklärung machen muss, profitiert sowieso nicht von der Pendlerpauschale. Hier brauchen wir also wieder eine andere Lösung.
Ebenfalls ein großer Unterschied zwischen Stadt und Land sind die Erneuerbaren Energien. Bis 2030 soll der Anteil Erneuerbarer Energien auf 65% angehoben werden. Deshalb ist es gut, dass die EEG-Umlage und damit der Strompreis gesenkt werden soll. Nun werden wir kaum einen Windpark auf der Zeil in Frankfurt oder auf dem Universitätsplatz in Fulda bauen. Der ländliche Raum wird es also richten müssen. Aus diesem Grund steht im Klimapaket, dass Kommunen, die aktiv die Windenergie unterstützen, belohnt werden sollen.
Ein aus Sicht der Dörfer wichtigsten Punkte kam zu kurz beim Klimapaket: Wir brauchen eine zwischen Stadt und Land unterschiedlich ausgestaltete Klimaprämie. Mit dieser Prämie sollen Menschen mit geringem Co2-Verbrauch (und das sind meistens Geringverdiener) für ihren sparsamen Lebensstil belohnt werden. Nun gehen die Meinungen auseinander, ob ein Mensch in der Stadt oder auf dem Land umweltfreundlicher lebt. Es muss aber einen Ausgleich für den quasi kaum vorhandenen ÖPNV, den Ausgleichsflächen für den Zertifikatehandel oder den Windkraftanlagen auf dem Land geben. Da sollten wir noch mal nacharbeiten.
Es herrscht viel Verunsicherung beim Thema Klimaschutz. Viele Fragen sich, ob wir unser Leben wie es ist aufgeben müssen? Ich möchte für einen anderen Gedanken werben: Wenn wir Schritt für Schritt klimafreundlicher leben, erhöht das auch die eigene Lebensqualität. Das wissen doch gerade wir auf dem Land. Denn es tut uns doch gut, wenn wir – jeder nach seinen Möglichkeiten – unsere Umwelt ein bisschen besser machen. Das Klimapaket der Bundesregierung ist zwar nicht das Gelbe vom Ei, aber es ist ein erster wichtiger Schritt.